09.04.2019

Wo ist all die Zeit geblieben? In La Marina auf dem Campingplatz, an einer Stelle stehend, kamen mir die Wochen ewig vor, seit wir nun wieder reisen, kann ich es kaum glauben, wenn ich im Kalender entdecke, dass schon wieder eine Woche um ist.

Es mag daran liegen, dass ich das Empfinden habe, dass schöne Zeiten viel schneller vorbei gehen und seit wir unsere Wohnorte ab und an wieder wechseln und wunderschöne Landschaften entdecken verstärkt sich dieses Empfinden.

Granada bei Regen zu verlassen fiel uns nicht schwer, denn bei Sonnenschein machen uns die meisten Unternehmungen mehr Freude und mir verhilft die Sonne, solange sie nicht gnadenlos vom Planeten brennt, zu mehr Leichtigkeit, ich verbrauche weniger Energie, um mich um Äußerlichkeiten zu kümmern und außerdem haben wir nun auch einen Grund in diese schöne Stadt zurückzukehren, um weitere Schönheiten zu entdecken.

Mir hat es in und um Granada sehr gut gefallen, doch den Rummel einer “Groß”Stadt kann ich nur dosiert ertragen. Die Abwechslung macht es, das sowohl als auch, mal Stadt, Kultur und Lebhaftigkeit, dann wieder Natur, Naturdenkmäler und Stille, nichts als Stille…..

Von Granada aus ging es auf direktem Weg der Sonne in Motril entgegen. Rose erzählte mir, dass ihre Nichte oft auf einem Campingplatz in Motril weilte, den sie uns empfehlen kann. Im Internet sah der Platz ganz nett aus, doch bei der Ankunft und näheren Betrachtung waren wir von der lieblosen Atmosphäre abgeschreckt. Doch der Zufall wollte es, dass ich gleich nebenan ein kuscheliges, familiäres Plätzchen mit viel Grün, bunten Blüten und marokkanischer Dekoration entdeckte, das mich sofort einlud zu bleiben. Die Liebe der Platzeigentümer zu ihrem Plätzchen spürten wir direkt und Thomas traut mittlerweile meinem Bauchgefühl und überlässt die Wahl der Plätze gerne mir, denn er hat festgestellt, wenn ich ein gutes Gefühl habe, geht es ihm auch gut und er findet nachts immer besser seinen guten Schlaf. So ergänzen wir uns: Thomas-Kopf und Karin´s Bauch. Zusammen sind wir ganz.

Unsere Wahl war getroffen, Camping Granada Motril. Wir durften uns einen Stellplatz aussuchen, was dank der wunderschönen alten Baumallee und der Höhe von Schätzchen garnicht so einfach war, doch mit Hilfe des Juniorchefs fanden wir ein ideales Plätzchen, breit und hoch genug und mit viel Sonnenlicht,  um unsere Batterien mit Solarenergie zu füllen und einen reibungslosen Kühlschrankbetrieb zu garantieren. Wir meiden, wann immer es möglich ist am Strom zu hängen, selbst ist die Versorgung und der achtsam Umgang mit jeder Ressource, egal ob Wasser, oder Strom…. nichts ist selbstverständlich und unbegrenzt…..

Die Tage in Motril erfüllten wir mit Radtouren ins Städtle und ins Umland, Wäsche waschen und faulenzen… ganz langsam bin ich endlich im Entspannungsmodus angekommen. Wie erwähnt ist es für Thomas und mich nicht immer so einfach unser Auszeit Geschenk zu genießen. Nicht oft genug kann ich das Zitat, das uns Sabine geschickt lesen.

Nach zwei Dingen muss man im Leben trachten. Einmal das zu erlangen, was man sich wünscht und so dann, es zu genießen. Nur die Weisesten bringen das Zweite fertig.

Da wollen wir mal keine Dummköpfe sein und unseren in Erfüllung gegangenen Wunsch auch genießen!!!

Ja, es wird besser mit uns, wir beobachten die Gedanken, die uns in die Köpfe schießen, schmunzeln manchmal darüber und lassen die nicht hilfreichen Gedanken weiterziehen.

Mir hilft es sehr, wenn ich meine Gedanken auf´s Papier bringe, oder mit Thomas teile, um mich selbst besser zu verstehen.

Ich sehe uns auf einem guten Weg, die wohltuende Entspannung, die innere Ruhe und den inneren Frieden, die wir bei Kurzreisen so genossen haben, auch in unsere Lebensreisen zu integrieren.

Es hört sich vielleicht seltsam an, doch unsere Entscheidung lange zu reisen,  ist ein Neubeginn in unserer Leben und aller Anfang ist herausfordernd, auch wenn wir selbst diesen Anfang gewählt haben.

Ich kann heute sehr gut nachvollziehen wie es sich anfühlen mag, wenn Menschen in Rente gehen, auf einmal verändert sich auch vieles in ihrem Leben, auch die Endlichkeit wird bewusster. Hier treffen wir sehr viele alte Menschen, die sich sehr darüber freuen, dass es ihnen möglich ist, ihren Lebensabend mit Reisen, oder im Süden zu verbringen und manche sterben hier…wie mag das schön sein auf dem Sterbebett zu liegen und zu fühlen: Ja, ich habe mein Leben gelebt. Mit allen Höhen und Tiefen MEIN LEBEN!

Das ist auch mein Ziel, mein erfülltes, mir bestimmtes Leben zu führen.

Die ältern und alten Menschen, die wir kennenlernen durften waren allesamt zufrieden, sie machten einen glücklichen Eindruck und sind achtsam miteinander unterwegs, vielleicht liegt es daran, was wir ausstrahlen ziehen wir auch an?; denn trotz aller Herausforderungen die ausschließlich in unseren Köpfen stattfinden, sind wir die meiste Zeit glücklich und danken Gott jeden Tag dafür, dass wir unser Leben miteinander teilen dürfen, miteinander reisen und liebevoll und achtsam mit uns und einander umgehen. Es sind die Begegnungen, wie ich schon oft erwähnt habe, die Begegnungen mit uns selbst, miteinander, mit anderen Menschen, Orten und Tieren, die uns reich beschenken.

Ich liebe es mit Thomas zu sein, zu reisen, es ist unkompliziert und wir ergänzen uns in unsere Gegensätzlichkeit und verstehen uns ohne Worte in unserer Ähnlichkeit.

Am Abend liege ich oft im Bett und ein tiefer Frieden erfüllt mich. Wie hat sich mein Leben auf positive Weise verändert, als ich es mir wert war, das Wertvolle zu empfangen. Ich brauchte etwas länger in meinem Leben, um mir meines eigenen Wertes bewusst zu werden und manchmal passiert es heute noch, dass ich fürchte nicht geliebt zu sein, wenn ich Erwartungen, die ausschließlich aus alten Erfahrungen in mir abgespeichert sind, nicht erfülle. Doch mit Thomas habe ich einen liebevollen Übungspartner an meiner Seite, mit dem ich meine Ängste und Sorgen teilen kann und mit dem Teilen wird mir selbst schnell bewusst, was für Gedanken mich bewegen und die Ängste und Sorgen lösen sich damit im Nichts auf.

Ich glaube, Ängste und Sorgen wollen gesehen werden, sie helfen uns, uns selbst besser zu verstehen und zu erkennen, und unser Handeln unserer Natur anzupassen und nicht nur zu reagieren auf das was die Ängste uns einreden wollen..

Doch mehr als einen Moment der Aufmerksamkeit brauchen sie nicht, sie haben ihren Zweck erfüllt, wenn wir sie wahrgenommen haben und das, was sie aus uns machen wollen, wohin sie uns führen wollen.

Wir sollen entscheiden wer und wie wir sind und wo wir hinwollen und nicht unsere Ängste und Sorgen.

Es stimmt mich heute noch ein bisschen traurig, wenn ich an den Lebensweg von meiner Mutter denke, wie sehr sie ihren Ängsten und Sorgen ausgeliefert war, wie sehr sie sich zum Opfer machte und es ihr in ihren letzten Lebensmonaten nicht mehr gelungen ist, aus diesem Muster auszusteigen. Ich glaube aber auch durch die liebevolle, nicht wertende Begleitung, die Gebete und Lieder, die wir ihr geschenkt haben, hat sie das fühlen können, nachdem sie sich ein Leben lang sehnte: Geliebt und angenommen zu sein, wie sie ist und auch wir, ich und meine Familie spürten die Liebe zu uns, die oft hinter ihren Ängsten verborgen lag.

Dieser Friede begleitet mich und ich denke voll Liebe an Mama, die nicht aus ihrer Haut konnte.

Mir zeigte es schon vor vielen Jahren, dass ich mein Leben nicht von Sorgen und Ängsten bestimmen lassen will und es gelang mir bei bewussten Ängsten meistens sehr gut sie loszulassen. Doch da gibt es eben noch die unbewussten Steuermänner, die ein vielfaches schwerer zu erkennen sind. Diese ans Licht zu holen ist Geschenk der freien Zeit, der Reisezeit, auch wenn das oft auch mit Wachstumsschmerzen verbunden ist.

Wenn es in der Tat so ist, wie Deepak Chopra es beschreibt, dass der Sinn unseres Lebens der ist, uns selbst immer besser kennenzulernen, zu wachsen und uns zu unserer Göttlichkeit zu entwicklen,  dann ist jede Stunde, die ich nicht vor mir selbst flüchte, mich mit mir auseinandersetze ein Schritt in ein sinnerfülltes Leben.

Huch, jetzt bin ich aber abgeschweift. Manchmal überkommt es mich, mein Inneres will nach außen, mich selbst zu lehren wer ich sein möchte …

Zurück nach Motril.

Hier in der Ruhe, beim Nichtstun konnte ich dann auch ganz klar meine längst getroffene Entscheidung vor mir sehen. Ich will nicht zurückfliegen, ich will gaaaaaanz langsam zurückfahren, innehalten und mich von schönen Orten finden lassen….

und so fand ich Punta de Canegre. Meine Experimentierfreude ist wieder aufgetaucht. Ich wollte ausprobieren wie es sich eine Weile auf einem Wohnmobil-Stellplatz lebt und ich muss sagen, das Experiment ist geglückt. Wir haben hier, nachdem wir die Plastikstrände (Gewächshäuser) hinter uns gelassen haben, ein wunderschönes, ruhiges Plätzchen direkt am Strand mitten in der Natur und nahe des Naturschutzgebietes gefunden.

Seit 5 Tagen stehen wir hier und einzig allein unsere schwindenden Wasservorräte hätten uns gezwungen uns von hier mit dem Auto weg zu  bewegen. Doch mein Wunsch war und ist,  hier, genau an diesem Platz stehen zu bleiben. Hier gefällt es mir. Es hat alles was ich brauche, Meer vor der Nase, Berge im Rücken, Stille, Möglichkeit zum Wandern und Fahrradfahren und genug zu essen,  außer Trink-Wasser….und wie so oft wird mein Wunsch erhört.

Der freundliche Kassierer beantwortete unsere Wasserfrage am Abend mit der Auskunft, dass wir in 4 km einen Sparmarkt finden.

Was wollten wir mehr, Thomas packte die Fahrräder aus und wir starteten die 4 km bergauf, um Wasser zu kaufen. Zum ersten Mal seit Beginn unserer Reise entlang der spanischen Küste waren wir einem kleinen Laden mitten im Nirgends und dort gab es alles was unsere Herzen begehrte. Ok, Salzbrezel für Thomas gab es keine, dafür aber feinen Serrano-Schinken, würzige Salami und Haferflocken, um unser immer noch Lieblingsfrühstück Porridge zu sichern.

Froh über unsere reiche Beute traten wir den Rückzug an und der machte dann richtig Spaß. Voll Freude über unsere Vorräte hatte Angst keinen Platz in meinem Gehirn und ich sauste lachend mit 45 km die Straße hinunter. Einmal  musste ich die Luft anhalten, weil ein Auto aus einer Seitenstraße einbiegen wollte, doch es  hielt an und ich konnte meine rasende Abfahrt weiter genießen.

Heute am 09.04. hat Thomas endlich das Moped ausgeladen und eine kleine Tour gemacht. Er ärgert sich oft darüber, dass er den Aufwand des Auspackens scheut und sich die Freude dadurch vermiest unabhängig durch die Gegend zu tuckern.

Ich genieße die freie Zeit, wenn Thomas unterwegs ist und denke nur an mich und was ich gerne tun will, so profitieren wir beide von seinen Ausflügen. Aber ich kenn diese Trägheit, dieses Abwägen, ob sich der Aufwand lohnt etwas auszupacken…

Mir geht es oft mit meinem Tablett so, dass die meiste Zeit ungenutzt, aber sicher verwahrt im Tresor liegt. Es ist ein kleinerer Umstand bzw. Aufwand es aus den Tiefen des Tresors heraus  zu holen, doch meine Freude meine Gedanken in Worte zu fassen, meinen Blog zu pflegen, Briefe zu schreiben würde den Aufwand in jedem Fall rechtfertigen, wäre da die Trägheit nicht….

so habe ich mir Gedanken darüber gemacht, es in Zukunft so unterzubringen, dass es sicher liegt und leicht zugänglich ist, denn Trägheit kann einen auch dahin führen, wo das Leben leicht ist, Leben muss nicht schwer gehen, um wertvoll zu sein. Und  ich bin sicher, wo ein Wille ist,  ist bekanntlich auch ein Weg und das gilt für Thomas und sein Moped wahrscheinlich ebenso.

Einfach soll es sein, kompliziert und umständlich war einmal, wir dürfen uns jetzt so einrichten, wie es uns passt, wie wir beide es wollen und bisher sind wir uns immer eins geworden,  vor allem, wenn ich so packe wie Thomas es will, doch daran arbeiten wir noch, schließlich sind wir ja Partner…. Hahaha…

Heute jedenfalls waren wir beide nicht zu bequem uns unsere Wünsche zu erfüllen und wir haben beide Freude damit.

Thomas hat ein bisschen die Gegend erkundet und die Anfahrt zu unserer Lieblingsbucht gecheckt. Jetzt sitzen wir in der Sonne, ich schreibe, Thomas liest seinen Krimi, den er geschenkt bekommen hat. Wir haben unterwegs schon so viele schöne Bücher und andere Geschenke in die Hände gelegt bekommen und ich vermute vieles was wir im Leben geben kommt irgendwie auf verschlungenen Wegen, ganz unerwartet zu uns zurück.

Ab und an schauen wir aufs Meer oder in den Himmel, um Wolken wegzuschicken, die sich vor die Sonne schieben, damit wir wissen, dass wir immer noch auf der Erde sind und nicht im Himmel, doch wer weiß das schon so genau, vielleicht ist es gerade umgekehrt….egal wo, es geht darum das Leben, das Hier und Jetzt zu genießen und wie sagte Werner neulich: Ich glaube nicht an ein Jenseits, deshalb will ich hier das beste Leben führen, das ich mir vorstellen und ermöglichen kann. Ja, so leben, als ob es kein Morgen gäbe……

Und deshalb ist es jetzt an der Zeit meinen Jogurt-Zitronen-Kuchen zu probieren, den ich gestern dank Thomas Geschenk und Gertis Großzügigkeit aus meinem Omniaofens auf dem Gasherd gezaubert habe und nebenbei noch Calzone-Weckle kreiert habe, die fast so lecker waren wie Thomas Spezialpizza daheim.

Nicht nur Not macht erfinderisch, auch Freizeit macht kreativ und heute habe ich probiert braune Ostereier zu färben mit Kurkuma und Paprika, aber sie wollten nicht bunt sein und auch meine aufgemalten Zitronensaftmuster wollten sich nicht zeigen. Ich habe es ihnen erlaubt so zu sein, wie sie sein wollen, doch aufgeben werde ich nicht. Demnächst könnt ihr meine Ostereier bewundern, das wäre ja gelacht, etwas fällt mir ganz bestimmt noch ein, damit sie den Namen Osterei verdienen!!!!