19.03.2020 Nichts ist mehr, wie es war…

Der Eco Park, Sao Bras de Alportel

bietet uns seit 6 Tagen inmitten herrlicher Natur und der rücksichtsvollen Nähe des Besitzerehepaares Paula und Norbert einen sicheren Raum mitten in den Wirren der Welt.

Corona hat uns trotz der Telefonate mit unseren Lieben weitgehend verschont. Der erste Kontakt mit der allgemeinen Verunsicherung hat uns wie aus dem Nichts bei Lidl, gleich nach unserer Einreise nach Portugal getroffen.

Mein Bauchgefühl schickte uns am 13.03.20 auf schnellstem Weg aus Spanien und es fühlt sich hier, an diesem Platz, gut für uns an.

Ich bin froh, dass ich auf mich gehört habe und ich bin zuversichtlich, dass eine Chance in dieser Krise liegen kann, dass uns das Virus mit all seinen Konsequenzen dabei hilft uns abzugrenzen gegenüber allem, was nicht wahrhaft zu uns gehört, unserer eigenen und der gesamten Schöpfung schadet.

Wir Menschen uns wieder auf unsere wahren inneren Werte besinnen, uns  und einander vertrauen, hinterfragen, ob wir das Leben führen, das wir führen wollen und uns bewusst werden, wie verwundbar und verletzlich, ja fragil unser Leben, unsere Umwelt ist.

Mir geht es mental so gut wie lange nicht mehr, denn mehr denn je spüre ich, dass ich mit meiner Entscheidung mein Leben so zu führen, wie es für mich stimmt auf dem richtigen Weg bin.

Vor Corona nagten manche Tage noch Zweifel an mir, ob ich denn alles richtig gemacht habe. Dabei befragte ich leider oft genug garnicht mein inneres Selbst, sondern machte mir Gedanken, was andere Menschen über mich denken und ob sie mich verurteilen für meine Art zu leben. Dabei habe ich schon vor einigen Jahren “nur” beschlossen, die völlige Verantwortung für mein Leben mit allen Konsequenzen, Ängsten, Zweifeln und Unsicherheiten zu übernehmen.

Als ich auf äußere Sicherheiten mehr und mehr verzichtet habe, spürte ich, dass ich dieses Leben nicht gekannt habe. Ich war in einer Vielzahl von äußeren Pflichten, die natürlich auch eine gewisse “Sicherheit” schenken gebunden und die Entscheidung für Freiheit hat zur Folge, dass im Außen nicht mehr viel hält und das Gefühl der “Sicherheit” schwindet. Das löst bei mir zuweilen auch Ängste aus.

Doch was ist nun passiert, dass meine Ängste trotz Corona viel kleiner anstatt größer wurden?

Ich erlebe das, was ich in meinem tiefsten Inneren schon immer gefühlt habe. Es gibt keine Sicherheit, es gibt keinen Halt im Außen, alles kann auf einen Schlag weg brechen und ehrlich gesagt, hätte ich vielleicht mit anderen Dingen gerechnet, doch nicht mit einem Virus, der die Welt lahmlegt.

Ich hatte in den letzten Jahren bereits Zeit zum Reflektieren, zum Innehalten. Zuerst gezwungener Maßen, weil mich meine Gesundheit zum Teil verlassen hatte, dann freiwillig, weil ich tief in mir fühlte, dass ich auf keinen Fall auf meinen alten Weg zurück kann, ohne Schaden an Leib und Seele zu nehmen.

Ein Zitat besagt: Wer innehält, findet innen Halt.

Ja, das kann ich bestätigen. Ich habe ohne die äußeren Scheinsicherheiten, den Halt, den mir Beruf, gewohntes Umfeld, geregelte Abläufe schenkten erfahren, dass es wichtig ist in mir selbst einen Halt zu finden.

Einen Halt, den ich nicht verlieren kann, egal was im Außen ist. Einen Halt, der mich in meiner selbstgewählten Freiheit nicht haltlos und unsicher macht und dieses in mir selbst Halt finden, forderte und fordert mich manche Tage sehr heraus, da ich es nicht gelernt hatte – trotz, oder gerade weil ich christlich erzogen wurde, in mir das zu finden, was ich für mein Wohlergehen brauche.

Und so bin ich der Überzeugung, dass es in der jetzigen Ausnahmesituation vielen Menschen so ergeht, wie es mir ergangen ist. Ohne den äußeren Halt, der gesundheitlichen und materiellen Sicherheit, den unzähligen Verpflichtungen, Ablenkungen fühlen sie sich erst einmal auf sich selbst zurückgeworfen, das ist etwas Neues, Unbekanntes und verursachst Unsicherheit und existentielle Ängste.

Ich kenne diese Unsicherheiten und Ängste. Ich habe die Freiheit allerdings selbst gewählt, es gab keinen äußeren Druck, außer meine schwächelnde Gesundheit und ich lernte und lerne immer noch, diese ungewohnte, neue Freiheit zu nutzen und den Sinn meines Lebens, als zu leben selbst zu sehen. Das Leben selbst, das Sein als sinnerfüllend zu erfahren und das zu tun, was sich aus dem Sein ergibt, anstatt das reine Tun zum Sinn des Seins werden zu lassen.

Erst mit meiner eigenen Erfahrung zum Thema Freiheit, fiel mir auf, dass “Un”freiheit auch einen gewissen Gewinn hat, nämlich den, die Verantwortung für das eigene Wohlergehen, die Zufriedenheit, das Glück in die Hände anderer zu legen, um nicht verantwortlich zu sein, für die Entscheidungen, die dem eigenen Wohl dienen und einen vielleicht aus der Masse schleudern zu treffen.

Ich denke, es sind die Urängste, die in jedem angerührt werden, auf der einen Seite der Wunsch nach Autonomie, Freiheit und auf der anderen Seite der Wunsch dazu zugehören, Gemeinschaft zu erleben. Dies ist ein Widerspruch in uns, der gesehen werden will und der ist.

Ich spüre, wie auch wir wieder näher an unsere Lieben rücken, uns ihr Wohlergehen am Herzen liegt und wir versuchen, von unserer kleinen Insel, auf der wir im Moment leben, das uns Mögliche zu tun.

Thomas und ich sind dankbar, dass wir zusammen sind, uns gegenseitig stützen können und das nicht erst seit Corona. Wir schätzen das was uns verbindet und überschätzen nicht das was uns trennt.

Wir beobachten aus der Ferne, wie es im Moment den meisten Menschen zwangsweise gelingt auf bestimmte Dinge zu verzichten, die wir schon vor Jahren für uns, als nicht als  lebensnotwendig und ohne Nutzen erachtet haben.

Sind wir vor garnicht so langer Zeit noch von manchen belächelt, beneidet worden, dass wir unser Leben so gestalten, wie es für uns passt, so stellen sich innerhalb weniger Tage dieselben Menschen die Frage, ob sie mit ihrem bisherigen Lebensstil nicht an ihrem eigenen Leben vorbei gelebt haben.

Sollte auch in dieser Krise eine Chance verborgen liegen, so beten wir dafür, dass wir sie alle erkennen, als das was viele von uns schon lange befürchtet haben:

Nämlich, dass sich etwas verändern muss, um für uns und die nächsten Generationen ein gutes Leben auf der Erde zu gewährleisten. Wie schon erwähnt, ich gehe davon aus, dass niemand auf die Idee gekommen wäre, einschließlich mir selbst, dass ein Virus die Welt lahmlegt.

Auch unser Vertrauen ist gefordert, dass alles, wie Steiner in seinem Ergebenheitsgebet, das ich im letzten Jahr auf dieser Seite abgespeichert habe, in irgendeiner Richtung gut sein müsste.

Wir wollen unseren Willen gehörig in die Zucht nehmen, um in seinen Worten zu bleiben, in Worten, in Empfindungen  und Ideen eine Stimmung des Vertrauens, der Hingabe an die immer währende Hilfe der geistigen Welt zu erschaffen.

Und so beten Thomas und ich

… für unser aller Gesundheit, für ein achtsames, starkes Miteinander und die Kraft und den Mut für jeden Einzelnen, ganz besonders für die Entscheidungsträger unserer Gesellschaft diese Herausforderung vertrauensvoll und zuversichtlich anzunehmen. Möge uns bewusst sein, dass wir alle ein Teil dieser Schöpfung sind und wir die Verantwortung tragen für uns und alles mit dem wir im Großen Ganzen verbunden sind. Mögen wir Dankbarkeit empfinden für die Hilfe und Unterstützung, die uns zur Verfügung steht, für all die Menschen die unermüdlich Dienst an ihren Nächsten leisten und geben wir uns dem Gedanken hin, dass in gleichem Maße wie die Herausforderung auch die Kraft in uns wächst, diese Krise mit Gottes Hilfe zu meistern.

In tiefer Verbundenheit

Karin und Thomas