3 Tage. Ich hinke meinen Einträgen drei Tagen hinterher, ok, ich habe mich um 4 Tage gesteigert und werde den Tag feiern, an dem ich am gleichen Abend, oder zumindest am morgen danach, das kommt mir realistischer vor, meine Erkenntnisse und Erlebnisse auf den Schirm bringe.
Wie bereits erwähnt, wäre ich ohne meine Abendnotizen aufgeschmissen, doch, wie auch schon geschrieben, es hat etwas, sich einige Zeit später die Erlebnisse noch mal ins Gedächtnis zu rufen.
An dieser Stelle möchte ich ein bisschen abschweifen. Thomas und ich machen fast immer am Abend, oder spätestens am Morgen danach unsere Dankbarkeitsübung zusammen. Entstanden ist diese Übung mit Aaron, mit dem wir nicht, wie wir es gelernt haben zu Abend beten, sondern eben diese Übung mach(t)en. Wir schauen uns den Tag noch einmal an und teilen unsere Dankbarkeit über die Erlebnisse miteinander.
Es ist sehr spannend, wenn wir wie jetzt, öfter den ganzen Tag zusammen verbringen, wie unterschiedlich unsere Wahrnehmungen sind. Thomas sagt z.B. er ist für den Anblick des schönen Pfaus im Pinienwald dankbar und ich stelle fest, dass ich daran garnicht mehr erinnere, doch die Erinnerung von Thomas lässt auch bei mir, den frei lebenden Pfau mit seinem prächtigen Gefieder wieder vor meinen Augen auftauchen.
Wir lieben diese Übung, dieses Gebet und so ähnlich fühlt es sich für mich an, wenn ich, egal wann, noch einmal meine Erlebnisse aufschreibe. Weniger schöne Erlebnisse verarbeite ich besser beim Schreiben, ich kann oft besser erkennen, was für Emotionen mich bewegt haben, oder ich kann Lösungen mit dem Schreiben erkennen, die ich zuvor nicht habe erkennen können.
Um es kurz zu machen, schreiben und lesen sind für mich wundervolle Geschenke und deshalb teile ich sie so gerne.
Zurück zum 10.01.2019.
Ich konnte am Vorabend lange nicht einschlafen, zu sehr haben mich meine Emotionen aufgewühlt. Ich bat Gott mir beizustehen und auch Mama, die ich jetzt ganz nahe bei ihm wissen will, bat ich um Hilfe.
Mama ist mir jetzt überall nahe, ich habe sogar den Eindruck, sie ist mir viel näher, als die letzten Jahre in ihrem Leben.
Meine Bitte wurde erhört und ich kam zur Ruhe und konnte, wenn auch sehr unruhig einschlafen. Ich träumte dann von Sarina. Sie war am Meer, am Strand, trug ganz schwarze Kleider und hatte mächtig viel Ausrüstung, oder Gepäck, was immer das auch war bei sich. Ich beobachtete sie von Weitem. Sie ging dann einen steilen Sandberg, eine hohe Sanddüne mit ihrem ganzen Gepäck hinauf, ich war dabei ganz in ihrer Nähe und konnte von der höchsten Stelle der Düne hinunterblicken und sah, dass unten, nicht wie auf der Seite, wo Sarina zuvor am Strand ging ein langer Sandstrand war, sondern eine Steilküste. Ich erschrak zuerst und dachte mir, oh mein Gott, sie wird mir doch nicht dort hinuntersteigen, doch dann sah ich, dass es an einer Stelle einen Weg hinunter an den Strand gab.
Ich sah auch, wie Autos von dort aus durch das Meer fuhren, um eine gegenüberliegende Insel zu erreichen. Auch da dachte ich, oh je, das geht doch nicht, ihr geht doch unter. Das Wasser war allerdings so flach, dass die Autos durch das Wasser fahren und die Insel erreichen konnten.
Träume sind für mich immer ganz wichtige Ratgeber und ich werde mir diesen Traum in jedem Fall noch einmal anschauen, denn oft geben Sie mir wichtige Hinweise aus meinem Unterbewussten. Ich habe Sarina von meinem Traum erzählt, für mich ist es ein hilfreicher Traum.
So hatte die unruhige Nacht auch ihre gute Seite und am Morgen wachte ich zwar nicht ganz so erholt auf wie sonst, doch um einen unvergessenen Traum reicher.
Thomas war guter Stimmung, doch ich brauchte noch eine Weile um mir meiner Gefühle klar zu werden und mich nicht zu übergehen, doch wie könnte ich ihm böse sein, ihm kann man garnicht böse sein.
Wir machten es uns noch ein bisschen gemütlich und frühstückten seit langem wieder einmal wie zu Hause.
Aus dem Tiefkühlfach zauberte ich noch 2 eingefrorene Laugenweckchen, die nach langer Abstinenz hier noch besser als zu Hause schmecken, dazu gab es gekochte Eiern – ich habe nämlich auch an unseren Miniwasserkocher gedacht, frischem saftigen Paprika und das vorletzte Stück Comte aus Frankreich. Mit der guten Stimmung die in uns wohnte, schmeckte gleich alles noch einmal so gut und ich machte mich an die Arbeit und backte Vollkornweckle und Gewürzkuchen.
Hab ich schon gesagt, wie sehr ich mein Backöfelchen liebe, es ist mir ein so treuer Freund hier in der Fremde. Weißbrot gehört, wie ihr schon wisst, nicht zu meinen Lieblingsfreunden und so gibt mir Öfelchen die Möglichkeit, sobald wir am Strom hängen, all die leckeren Backwaren herzubestellen, die wir so lieben. Laugenweckle, Vollkornweckle, Aprikosenschnecken, Kuchen in allen Variationen und noch vieles mehr. Öfelchen ist unersetzlich und wir von mir gehegt und gepflegt.
Thomas putzt derweil das Moped. Es ist sein Schätzchen, das ihm ermöglicht unkompliziert die Gegend zu erkunden. Wenn es garnicht anders geht, fahre ich auch mit, doch ich war und bin noch nie eine wilde Motorradbraut gewesen und werde es wohl auf dem Minirädchen auch nicht werden. Eine Harley mit Rückenlehne für mich, da könnte ich mir das ganze noch einmal überlegen… ein weiterer Vorteil ist, dass Thomas seine Ausflüge machen kann und ich etwas anderes unternehme, so haben wir uns am Abend beide etwas zu erzählen, das jeder für sich haben konnte.
Zu Mittag essen wir heute Thaipfanne mit Reis und Cashewkernen, sehr lecker, ich habe gleich ein bisschen mehr gekocht, um einmal kochen zu sparen… denn obwohl ich sehr gerne koche, liebe ich es auch an einen gedeckten Tisch zu sitzen. Leider traut sich Thomas mit seinen Kochkünsten nicht an meine heran, was ich sehr schade finde, denn er war der allererste Mann in meinem Leben, der mir beim ersten Besuch etwas selbst kochte. Ich durfte es mir aussuchen und bestellte Pizza und noch heute schmeckt mir Thomas Pizza am allerbesten, nur großen Hunger darf ich nicht haben, wenn er seine Pizza zubereitet, denn er zelebriert das Belegen und das kann bei mir, vor allem wenn ich dem Unterzucker nahe bin, zu raubtierähnlichen Ungeduldsattacken führen, vielleicht habe ich ihn damit mal erschreckt. Thomas, falls du je diese Zeilen liest, es tut mir leid, ich kann vieles aushalten, nur keinen Hunger. Bitte wage es wieder und trau dich an den Herd, ich nehme vorher auch einen kleinen Snack und lass dich ganz in Ruhe lochen, um dann mit dir das Essen zu genießen, versprochen.
So hätte ich das auch mal geklärt, wo geht es hier nun weiter? Ach ja, nach dem Curry gehen wir 2 Stunden am Strand spazieren. Es geht etwas Wind und das Meer bäumt sich mit einer herrlichen Brandung auf und singt sein ganz eigenes Lied. Wir beiden Romantiker können davon nicht genug bekommen und kaufen auf dem Rückweg noch eine Flasche Wein ein, um den Tag schön ausklingen zu lassen. Übrigens habe ich mich heute Morgen, zum ersten Mal seit wir hier sind, getraut meine Gymnastikübungen auf der Matte zu machen, muss ja keiner wissen, dass ich mich hinter Schätzchen versteckt habe….
11.01.2019
Thomas hat uns alle 2 Tage Fitnessstudio verordnet und da ich ihm ja nie widerspreche (pst, ihm da nicht verraten), folge ich brav. Wir machen zuerst die Übungen an den Geräten, Fahrrad und Stepper und dann besuchen wir einen Kurs. Da wir der spanischen Sprache nicht mächtig sind, lassen wir uns einfach überraschen, um welchen Kurs es sich handelt. Heute war es irgendwie etwas besonderes. Mari, so heißt die Vorturnerin, zeigte uns bei ihr sehr anmutend aussehende Figuren und wenn wie sie richtig verstanden haben, dann sollten wir diese so anmutig nachmachen. Balance Training nannte sich das Ganze.
Gott sein Dank standen Thomas und ich auf den hinteren Plätzen, also nicht so nahe am Spiegel, doch ab und zu ließ ein Vordermann ein bisschen Platz und wir konnten einen Blick auf uns selbst erhaschen. Anmutig, schwerelos, wie Mari es vormachte, sah es bei mir nicht aus. Ehrlich gesagt hatte ich ziemliche Mühe die Figuren auch nur einigermaßen wie all die anderen nachzustürmen, doch ich bemühte mich sehr. Als mich nach dem Grazie- Training in der Umkleidekabine dann noch eine Frau ansprach, ich solle ihr meine Telefonnummer geben, sie würde mir dann das von ihr aufgezeichnete Video zuschicken, sah ich sie entgeistert an und stotterte: “Nein, ich brauche kein Video!”, sie sah mich dann ebenfalls sehr entgeistert an, doch ich brauche meine seltsamen Verrenkungen nicht auch noch auf einem Film.
Gott sei Dank hatte ich vor dem trainieren schon den Dampfnudelteig aufgesetzt und freute mich jetzt auf frisch gebackene Dampfnudeln mit Kartoffelsuppe, wenigstens ein Highlight nach diesem Kurs, der mich eher aus der Balance statt in die Balance brachte. Thomas ging es nicht viel anders als mir und so hatten wir auch an diesem Morgen unseren Spaß und lachten über uns selbst.
Die Dampfnudeln waren spitze, die ersten Dampfnudeln im Womo… es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken.
Mittags finden wir unsere Balance im Liegestuhl beim Lesen wieder und das Kuscheln kommt auch nicht zu kurz. Gegen Abend fährt Thomas mit dem Mopedle zu einem Motorradhändler. Er will sich eine neue Motorradjacke besorgen, da wir seine alte Lederjacke, die er sonst beim Fahren trägt, zu Hause vergessen hat. Leider haben sie die Jacken nur in Kindergrößen, ja, die Spanier sind eben außen nicht so groß.
Abends telefoniere ich mit Sarina und bin traurig, dass es ihr nicht so gut geht, doch ich lege sie, mich und all meine Lieben in Gottes Hand. Ich muss nicht alles regeln, wie gut, dass er da ist.
12.01.2019
Porridge am Morgen, vertreibt Kummer und Sorgen und macht mich so satt, wie nichts auf der Welt. Ich bin gerüstet für den Strandspaziergang und den Marktbesuch in der Urbanisation, was immer das bedeutet, in La Marina.
Wir laufen nach dem Frühstück bei herrlichem Sonnenschein und gefühlten 8 Grad warm eingepackt los, am Strand entlang, dann dem Fluss folgend in die Urbanisation und da ist er schon der Markt. Ausländische Märkte sind nicht mit unseren Wochenmärkten zu vergleichen. Es gibt hier fast alles, was du dir nicht denken kannst und ich kann es jetzt beim Schreiben nicht so richtig fassen, es gab einen marokkanischen Gebrauchtkleiderhändler, der eine neu-und sehr hochwertige deutsche Markenmotorradjacke verkaufen wollte.
Ja ganz ehrlich, ich veräpple euch nicht. Thomas hatte zwar Hoffnung einen Kleiderstand zu finden, an dem es auch Motorradjacken gibt, doch auf die Idee, dass ein Berber gebrauchte Kleider, u.a. Motorradjacken verkaufen würde, kam auch er nicht.
Der sehr freundliche Mann, zeigte Thomas seine Jacken, bedauerte, dass wir kein Französisch konnten und erzählte uns, dass er aus Marrakech stammt und es in seiner Heimat viele deutsche Touristen gibt.
Die erste Jacke, die ich hängen sah passte Thomas dann wie angegossen. Der Mann nahm ihn mit zum Autospiegel, damit Thomas sich davon überzeugen konnte und er war auch überzeugt, wie ich und der Mann. Nun begann die Preisverhandlung, die recht einfach ausfiel, denn Thimas hatte genau 35 Euro in der Tasche und wir wollten noch für ca. 2 Euro Paprika kaufen. Der Mann wollte 40 Euro und ich sagte inschallah, das heißt: So Gott will, suchte in meiner Tasche noch nach Geld und steuerte meinen Fund von 2 Euro zu Thomas seinen 33 Euro bei. Der Mann hatte sich glaube ich mehr aus meinen Taschen erhofft, doch er stimmte mit Gott überein und suchte sogar noch eine Tragetasche für Thomas neue alte Jacke.
Wir haben unseren ersten Handel erfolgreich abgeschlossen. Thomas ist glücklich, ich freue mich für ihn und wir alle freuen uns, der Mann schüttelt uns die Hand und lässt uns mit den Worten und dem Blick nach oben: Inschallah ziehen. So einfach ist es Freude zu haben. Thomas hat eine tolle Jacke, wir haben nachhaltig gehandelt und ich hoffe, die Jacke wurde keinem anderen Menschen geklaut… doch diesen Gedanken lasse ich gleich wieder los.
Wir treten den Rückzug an, Thomas trägt seine Beute unter dem Arm und unser Restgeld reicht gerade noch für 2 rote Paprikaschoten und einen frischen Fenchel, der herrlich duftet. So erfüllt machen wir uns auf den Heimweg und begegnen 3 alten deutschen Frauen samt ihrem Fiffi, die wir nach dem Rückweg durch die Dünen fragen. Die drei, nicht von der Tankstelle, beschließen kurzerhand ihre eingeschlagene Richtung zu wechseln, um uns ein Stück den Weg zu zeigen. Wir nehmen ihr Angebot an und führen eine sehr schöne Unterhaltung mit ihnen, die , wie sie uns erzählen schon seit 20 Jahren in der Nähe Häuser gekauft haben und hier leben. Sie sind glücklich hier zu sein und die Älteste mit 85 Jahren erklärt auf meine Frage, ob sie denn kein Heimweh nach Deutschland habe: “Nein, ich bin hier zu Hause” und nickt ihren Freundinnen zu, die auch hier zu Hause sind…
Die drei verabschieden sich, als wir versichern es alleine bis zum Campingplatz zu schaffen, sie sagen uns auf spanisch, dass es ihnen ein Vergnügen war, uns kennengelernt zu haben und wer weiß, vielleicht sehen wir uns wieder…
Das wäre ein Ding, wenn wir sie wieder treffen würden, doch nach der heutigen Aktion mit der Jacke kann ich mir alles vorstellen, nicht umsonst stand auf meinem Teebeutel
MACHE DICH LEER UND LASS DICH VOM UNIVERSUM FÜLEN.
Dieses Zitat rufe ich auch Sarina zu und wünsche mir, dass sie auch viele so wundervolle Begegnungen hat, wie wir.
Zu Hause angekommen gibt es unsere Kreditkarte beim CampingMetzger Kredit für Hackfleisch und das Abendessen und das Mittagessen für morgen sind gerettet.
Heute genießen wir die Reste der Thaipfanne, danach lese ich das Buch, das ich Sabine schenken wollte, doch nicht mehr rechtzeitig zur Post bringen konnte und danach bereite ich eine Süßkartoffelsuppe, die Bolognesesoße und Laugenweckle für morgen vor, denn morgen habe ich kochfrei, ich wünsche mir, dass Thomas den Koch-Mut fasst und sein Glück mit dem Abkochen von Spaghetti und dem Wärmen der Soße versucht.
Thomas wäscht seine Beute mit Rei in der Tube und freut sich wie ein Schneekönig, wie schön sauber sie geworden ist, trinkt mit dem Nachbarn zwei Bierchen und führt Männergespräche, während ich die Vorbereitungen und die Vorfreude auf das Sonntagsfrühstück mit frischen Laugenweckle, von Thomas für uns zubereitet, genieße und die Spuren des Kochens und Backens mit dem Staubsauger vernichte.
Zu Abend gibt es dann die leckeren Fleischküchle mit Paprikagemüse und die restlichen Dampfnudeln, nein, bei uns verkommt nichts, alles wird verbraucht, so sind wir halt, wir Nichtschwaben.
Dann genießen wir den schönen Abend, ich mit Schreiben und telefonieren mit Papa und Thomas mit Lesen.